Buchtipp – Das Blutbuchenfest

erschienen in der WLZ am 15.04.2014

Martin Mosebach, Georg-Büchner-Preisträger des Jahres 2007, Autor zahlreicher Romane, Erzählungen, Theaterstücke und Gedichte, macht in seinem neuen Gesellschaftsroman Ivana, die bosnische Putzfrau, zum Zentrum des Szenariums aus dem Frankfurter Bürgertum. Ihre Kunden sind erfolgreiche oder gescheiterte Geschäftsleute, Banker und Hochstapler, deren Leben verschränkt ist durch mancherlei Liebes- oder Geldaffären, in die der Ich-Erzähler, ein unerfahrener Kunsthistoriker, ebenso Kunde von Ivana, mehr und mehr hineingezogen wird. Ein bilderreicher, amüsanter und vielschichtiger Kosmos aus Liebe, Betrug und Eifersucht entfaltete sich.

Mosebach ist ein begnadeter Erzähler, der liebevoll all seinen Figuren Leben verleiht: da ist Wereschnikow, der abgehobene Planer eines internationalen Balkan-Kongresses, der vor allem durch name-dropping existiert, Rotzoff, der fragwürdige Geschäftemacher, die schöne Maruscha, die mühelos mit zwei Liebhabern lebt, später hat dann auch noch ein dritter Platz, die tüchtige Frau Markies, die schliesslich wieder bei Wereschnikow landet und der Restaurantbesitzer Merzinger, in dessen Restaurant sich alle treffen und zumeist anschreiben lassen, die zarte, herzkranke Winnie….. Und da ist der diskrete Dr. Glück, Vorstandsmitglied einer Bank, der sich von Rotzoff überreden lässt, seine elegante Stadtwohnung für das « Fest » herzugeben. Das Blutbuchenfest. Mit den verkauften Karten will Rotzoff dann seine Schulden bei Merzinger begleichen.

Vorher fährt Ivana zu ihrer Familie nach Bosnien, um auch dort ein Fest zu feiern – die Hochzeit ihres Bruders. Aber es kündigt sich bereits das Unheil des kommenden Krieges an ; das Fest endet mit einem schrecklichen Unfall. Und während Ivana wieder zurück in Frankfurt im Garten von Dr. Glück den Gästen Champagner einschenkt, beginnt in Bosnien der Krieg. Das Blutbuchenfest in Frankfurt endet im Chaos. In derselben Nacht wird in Bosnien Ivanas Familie vertrieben, ihr Haus geht in Flammen auf.

Martin Mosebach gelingt es bravourös, die Geschehnisse in ihrer Gleichzeitigkeit atmosphärisch miteinander zu verschränken. Durch Ivana verbindet sich die dekadente bürgerliche Welt der Geldmetropole Frankfurt mit der archaischen Lebenswelt des Balkan.
Ein von Anfang bis Ende hervorragend komponierter und sprachlich meisterhafter Roman
von packender Dichte.

Sabine Belz

Förderverein Christine-Brückner-Bücherei Bad Arolsen
Martin Mosebach.Das Blutbuchenfest
Roman, Carl Hanser Verlag 2014, 445 S., 24, 90 €

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