Buchtipp – Sex macht Spaß

erschienen in der WLZ am 08.09.2015

Goethe ist in allen Dingen des Lebens eine gute Adresse, auch zum vorliegenden Buch mag man einige seiner Gedichtzeilen assoziieren, nämlich aus „Willkommen und Abschied“ einer Nacht bei der geliebten Friederike in Sesenheim. Beim Willkommen heißt es da:„Ein rosenfarbenes Frühlingswetter umgab das liebliche Gesicht,…“ und beim Abschied: „In deinen Küssen welche Wonne! In deinen Augen welcher Schmerz!“
Dass die menschlichen Augen als Spiegel der Seele erkannt werden wegen des Weißen im Auge und der bewegten Gesichtsmuskulatur, der Mimik ums Auge herum, weiß nicht nur Goethe, sondern bestätigen auch Evolutionsbiologen wie die Autoren des vorliegenden Buches. So wurden und werden junge Frauen mit Kulleraugen sexuell bevorzugt, wie auch Männer mit ausdrucksvoller Augenpartie, heisst es hier.

In vielen Kapiteln, immer in niveauvoller, verständlicher, sachlicher Weise, oft humorvoll und locker, zeigt uns dieses Buch die vielfältigen Facetten der Biologie der menschlichen Sexualität, wie Genetik, Hormonhaushalt, Sexualverhalten, Gesundheit und auch Tod.
Dass Sex Spaß macht, wenn man Sex hat, verstehen wir ohne Buch. Wenn wir aber anders denken, nämlich, dass uns Sex Spaß macht, damit wir Sex haben, dann nähern wir uns Inhalt und Anliegen des vorliegenden Bandes.
Wie Goethe die richtigen Worte findet, so finden hier die Autoren den richtigen Ton. Im Vorwort, hier Vorspiel genannt, heißt es: „Dieses Buch möchte ein Verständnis vermitteln für die sexuellen Kräfte, die offen oder verdeckt auf uns einwirken…“ An anderer Stelle folgt die Frage: „Wie sind wir die sexuellen, liebenden und sozialen Wesen geworden, die wir sind?“ Und kurz darauf steht der Satz : “In diesem Buch… wollen wir mit Ihnen die Evolutionsgeschichte der Sexualität durchwandern.“ Daher durchwandern wir also im Schwerpunkt der Abhandlung die Biologie unsere Sexualität und besonders ihre Evolution bis zum heutigen Zustand und finden Antworten auf die angesprochenen Zusammenhänge.
Die Autoren geben nur wenige Ratschläge zum glücklichen Sexualleben. Allerdings kann das Verständnis der geschilderten biologischen funktionalen Seite unserer Sexualität zum reflektierteren Umgang der Partner miteinander führen.
Ein Kapitel über die Sexualität unserer nächsten „haarigen Verwandten“ , den Orang- Utans, Gibbons, Gorillas, Schimpansen und Bonobos, gibt uns Aufschluss über deren Paarungsverhalten und Anlass zum Verstehen menschlicher Strategien sexuellen Zusammenlebens, die im Übrigen auch Thema einiger Kapitel sind.
Auf jeden Fall hatte die Natur (Goethes „Götter“) viel Mühe über Milliarden Jahre, die menschliche Sexualität zu entwickeln und im menschlichen Körper die komplexen Vorgänge auszubilden und ablaufen zu lassen, die unsere Sexualität ausmachen.
Goethe sagt: “Und doch, welch Glück geliebt zu werden! Und lieben, Götter, welch ein Glück.“

Philipp Kesting
Förderverein Christine-Brückner-Bücherei Bad Arolsen

Steffen Münzberg, Susanne Thiele, Vladimir .Kochergin.
Sex macht Spass, aber viel Mühe.
Eine Entdeckungsreise zur schönsten Sache der Welt
Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2014
240 S., 14,95 €

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