WLZ, 11.09.15 – Hoffnung für die Ärmsten

Dr. Annette Massmann über Chancen des fairen Handels
Eine nüchterne Bilanz der Entwicklung in den sogenannten Dritte-Welt-Ländern zog die Geschäftsführerin der Zukunftsstiftung Entwicklung, Dr. Annette Massmann, auf Einladung der Eine-Welt-Gruppe und des Fördervereins der Christine-Brückner-Bücherei.

von Armin Hass

Bad Arolsen. Bei ihrem Vortrag lenkte sie den Blick auf verbrannte Böden, auf denen in Kenia zuvor Ananas für den Verkauf in Supermärkten der Industrieländer geerntet wurden, auf verarmte Bauernfamilien, die sich die teuren Hybridsämereien nicht leisten können, auf Kinderarbeit, die Vertreibung von Flächen, die im Wege des renditebringenden „Land Grabbings“ verkauft werden oder den absehbaren Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch, bei dem 1138 Textilarbeiterinnen ums Leben kamen, weil die Vorgesetzten die deutlich sichtbaren Risse in den Wänden ignorierten, auf korrupte Regierungen und Handelsbeziehungen, die den armen Ländern nur das Nachsehen lassen und ihnen noch nicht mal für den Verkauf von dringend benötigten Rohstoffen für die eigene Entwicklung wichtige Devisen bringen.

Fairer Handel ist eine wichtige Grundlage für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse in Entwick¬lungsländern. Unser Bild zeigt mit nepalesischen Produkten (v. I.): Dr. Harald Ise (Eine-Welt-Gruppe), Dr. Annette Massmann (Zukunftsstiftung Entwicklung), Eva Gröll-Wachenfeld (Förderverein Christine-Brückner-Bücherei ) und Beatrix Broeker (Eine-Welt-Gruppe). Foto: Armin Haß

Fairer Handel ist eine wichtige Grundlage für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse in Entwick¬lungsländern. Unser Bild zeigt mit nepalesischen Produkten (v. I.): Dr. Harald Ise (Eine-Welt-Gruppe), Dr. Annette Massmann (Zukunftsstiftung Entwicklung), Eva Gröll-Wachenfeld (Förderverein Christine-Brückner-Bücherei) und Beatrix Broeker (Eine-Welt-Gruppe). Foto: Armin Haß

Slums breiten sich aus

Protektionismus und Subventionen auf der einen Seite und Steuerbegünstigungen in den eigentlich auf Einnahmen angewiesenen Entwicklungsländern bilden den wirtschaftlichen Rahmen einer Welt, in der bald zehn Milliarden Menschen leben, fünf Milliarden von ihnen werden 2030 die Städte bevölkern. Doch der mit der Landflucht verbundenen Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen steht jetzt schon eine fortschreitende Verslumung der Städte entgegen, in denen Kinder nicht zur Schule gehen können oder noch nicht einmal sauberes Trinkwasser zur Verfügung steht.

Die Probleme in den ärmsten Ländern werden durch das Konsumverhalten in den reichen Ländern verstärkt. Der steigende Fleischkonsum führt zu ökologischen Problemen in der Dritten Welt, wo Wälder und traditionell genutzte Ländereien Monokulturen mit Futterpflanzen weichen.

Doch so ganz aussichtslos scheint die Situation zumindest für einen Teil der von Landausbeutung, Korruption, mageren Erträgen und Hungerlöhnen betroffenen Bevölkerung nicht zu sein, wie Massmann ebenfalls anhand fair gehandelter Produkte deutlich machte. Angefangen von GEPA (Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt mbH) bis hin zu Fair Trade reichen die Labels, die den Erzeugern seit den 1980er-Jahren garantierte Einnahmen, den Zugang zu Krediten, Investitionen oder Bildung ermöglichen. Fairer Handel verbessere die wirtschaftlichen Umstände und die ökologischen Bedingungen, auch wenn die Grundbedürfnisse der Menschen nicht immer gedeckt werden, wie die Geschäftsführerin der Zukunftsstiftung einräumte: „Es ist auf jeden Fall besser, als wenn es diese Initiativen nicht gäbe. Als Konsumenten haben wir eine gewisse Macht.“

Mehr Transparenz

In Deutschland werden die Ausgaben pro Kopf für fair gehandelte Erzeugnisse mit zehn Euro beziffert. Damit kann freilich nicht der Überproduktion bei Tee oder dem Preisverfall bei Kaffee entgegengewirkt werden, der auch die unterstützten Kaffeebauern trifft. Allerdings würden durch den fairen Handel demokratische Entwicklungen, bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Transparenz im Hinblick auf die ökonomischen Abläufe gefördert. Allerdings muss auch Fair-Trade-Händlern auf die Finger geschaut werden: So hat die Stiftung Warentest bei fair gehandeltem Orangensaft herausgefunden, dass die Arbeitsbedingungen in den Erzeugerregionen schlecht sind. „Reines Vertrauen allein reicht nicht.“

Schließlich kann öffentlicher Druck auf Unternehmen und Politiker Änderungen herbeiführen. Die Internationale Arbeitsorganisation wacht über die Produktionsbedingungen und gerechte Entlohnung.

Nach dem schweren Unglück in der Textilfabrik in Bangladesch wurde ein 30 Millionen Dollar umfassender Entschädigungsfonds für die Opfer aufgelegt. Der internationale Druck auf die namhaften Auftraggeber in den Industrieländern machte es möglich.

Organisationen wie die Clean Cloth Campaign, die auf sichere Arbeitsbedingungen und auskömmliche Löhne achten, sieht Massmann als weiteres Hoffnungszeichen.

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.