Rezension – Abenteuer Freiheit

Erschienen im Hallo, September 2017. Autor: H. Schaaf 

„Freiheit gibt es nicht umsonst“ – das ist Leitgedanke dieses kleinen, leidenschaftlichen Büchleins für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Demokratie. So hat eine liberale Gesellschaft nicht nur äußere Feinde – wie den Terror und (zunehmend) autoritäre Regime im Umfeld.- Es kann ihr der Kitt ausgehen, der das Innere zusammenhält. Scheinbar paradox sieht Carlo Strenger eine der Grundlagen in dem Glück, dass wir seit nun 70 Jahre nicht die direkte Erfahrung von Krieg und Diktatur machen mussten. Gleichzeitig wurde – auch deswegen – ein wirtschaftlicher und technologischer Fortschritt möglich, wie es ihn zuvor nie gegeben hatte. So sind drei Generationen herangewachsen, für die eine demokratische Ordnung mit einem hohen Maß an gesellschaftlicher Freiheit und (weitgehendem) persönlichen Wohlbefinden als etwas Selbstverständliches erscheinen kann. Daraus habe sich über weite Strecken eine „Berechtigungsmentalität für Selbstentfaltung“ entwickelt. Wem dies verwehrt wird, der wende sich mit der Forderung nach einem besseren Leben an die Eltern oder „die Gesellschaft“, den Staat oder „die Politiker“. Sie oder – auf jeden Fall – „andere“ – sollen – dafür sorgen, dass „dennoch“ weiter auftauchende Probleme gelöst werden.

Darin sieht Strenger eine (1) Ursache für die wachsende gesellschaftliche Unverantwortlichkeit und das nachlassende Engagement bis hin zur wohlfeilen Politikverdrossenheit. Wutbürger und sich als „abgehängt“ oder „besorgt“ definierende Zeitgenossen verhielten sich dabei gegenüber der Gesellschaft wie Kinder mit Geschrei und Gejammer. Wenn aber nur noch schwarmartig Finger auf die Schwächen und Verfehlungen anderer gerichtet werden, ist das zu wenig, um Probleme, die auch Folgen von 70 Jahren Wohlstand ohne Rücksicht auf die Kosten und Folgen sind, wirklich angehen zu können und – weitestgehend – Freiheit zu erhalten. Freiheit benötige – beständig –  erwachsenes und verantwortungsvolles Verhalten. Dazu gehören auch Kompromisse, Zugeständnisse und die Erfahrung, dass „Freiheit“ des Einzelnen auch an – annähernder „Gleichheit und Brüderlichkeit“ gebunden sind.

In einer komplexer werdenden Welt, in dem scheinbare Selbstverständlichkeiten aufbrechen, kann das Buch von Carlo Sprenger als demokratischer Weckruf verstanden werden. „Demokratie ist kein Zuschauersport“. Das mindeste, was man daraus lernen darf, ist einen Beitrag nach seinen Möglichkeiten zu leisten und auch das Wahlrecht nicht als etwas Gottgegebenes zu sehen.

Carlo Strenger: Abenteuer Freiheit
Suhrkamp, 2017. 122 Seiten, 14 Euro ISBN: 978-3-518-07144-1

 

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