Rezension – Ewald Frie: Die Geschichte der Welt

Erschienen im Hallo, am 28.02.2018. Autor: H. Schaaf

Es gibt zwar nur eine Welt, aber viele Möglichkeiten, sie zu betrachten. Oft bleibt das eigene Weltbild geprägt von den Haus-Nachrichten und dem internet, möglicherweise noch auf der Basis eines sehr auf Europa ausgerichteten Schulwissens.

Daran ist im Prinzip nichts auszusetzen. Nun ist der Kopf aber rund, damit er die Perspektive wechseln kann. Damit kann auch eine scheinbar feststehende „Geschichte“ anders verstanden werden. Dazu hat der Tübinger Geschichtsprofessor E. Frie – bunt bebildert – eine „Geschichte der Welt“ in 20 Kapiteln „neu erzählt“. Von den Urmenschen bis zu den Vereinten Nationen unserer Tage spannt sich die Darstellung. Dabei erfahren wir, möglicherweise erstaunt, dass Australien schon 10 000 Jahre früher von Unseresgleichen bewohnt war als Europa. Dennoch von Europa ausgehend, nimmt uns Frie mit Kapitän James Cook auf eine Weltumseglung. Nach diesem – die Welt umfassenden Einstieg – rollt E. Frie einen „von allen Menschen gewebten kunterbunten Teppich“ gleichzeitig ablaufender Ereignisse vor uns aus. Dazu beleuchtet er in 18 Kapiteln einen Ort oder einer Region. Das Kapitel „Afrika“ thematisiert die Urgeschichte, „Babylon“ markiert den Übergang der Menschen zur Sesshaftigkeit vor rund 10 000 Jahren, die altorientalischen Reiche „Ganges“ lassen  die Großreiche des antiken Indien entdecken. Das „Moche-Tal“ im Norden Perus steht für die altamerikanischen Kulturen, die den Imperien der Azteken und Inka vorausgingen. Die Ankunft der Europäer war für die Ureinwohner in Amerika tödlicher als die Pest, die Folgen des Sklavenhandeln anhaltender als die „Spanische Grippe“.Zu  „Amerika“ lässt Frie das industrielle 19. Jahrhundert aufleben, in „Berlin“ entfalteten sich die Weltkriege und den Kalten Krieg, in „Kairo“ die Geschichte des Nahen Ostens bis zum „arabischen Frühling“. Wer dabei von einem Ort zum nächsten gelangt, wandert zugleich durch die Chronologie – mit Mut zur Lücke. Dabei erwartet den Leser keine nach allen Seiten abgerundete Darstellung. Dafür liefert er jede Menge Denkanstöße, die der Realität in einer miteinander verwobenen Welt näher kommen die „Standarderzählungen“ von den Griechen und Römer über die Zeit der Ritter, Kolumbus und Luther, der Französischen Revolution, sowie dem Ersten und Zweiten  Weltkrieg.

Frie hingegen hebt  – um im Bild zu bleiben –  den Teppich der Geschichte hier und da an, um an der Unterseite die „Verbindungen, losen Enden, Löcher und Risse“ genauer zu betrachten. So wird das Buch zu einer Fundgrube globalhistorischen Wissens, eine Einladung zum Schmökern und Entdecken.

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